Heute beschäftigen wir uns mal wieder mit einem Thema, das viele Unternehmer nicht so gerne hören: Die eigene Sozialversicherung. Warum deine Sozialversicherung ein Thema werden kann, wenn dein Unternehmen wächst, erklären wir dir in diesem Beitrag. Und natürlich zeigen wir dir auch Lösungen, wie du als Minderheitsgesellschafter sozialversicherungsfrei bleibst.
Beginnen wir mit einer typischen Situation: Du bist Alleingesellschafter oder zumindest Mehrheitsgesellschafter einer GmbH. Du bekommst von deiner GmbH ein Gehalt und weißt, dass dieses sozialversicherungsfrei ist.
Jetzt tritt folgende Situation ein: Du verkaufst Anteile, z. B. an einen engagierten Mitarbeiter oder an einen externen Geschäftspartner. Oder du holst dir Investoren in deine GmbH und erhöhst dabei das Stammkapital. Plötzlich hast du nur noch 50 % der Anteile oder sogar weniger. Gleichzeitig bleibst du als Geschäftsführer tätig und beziehst weiter dein Gehalt. Du bist also Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer.
Dann ist es 5 vor 12! Wenn du nur noch 50 % der Anteile oder sogar weniger hältst, musst du unbedingt klären, ob du weiterhin sozialversicherungsfrei das Gehalt von deiner GmbH beziehen kannst!
Warum ist es ein Problem für die Sozialversicherung, wenn du nicht mehr Mehrheitsgesellschafter bist?
Eigentlich ganz einfach: Das Bundessozialgericht sagt, dass ein Gesellschafter, der als Geschäftsführer seiner GmbH ein Gehalt bezieht, nur dann mit seinem Gehalt sozialversicherungsfrei ist, wenn er als Unternehmer anzusehen ist.
Und genau das ist die Krux. Denn solange du Mehrheitsgesellschafter bist, kannst du (fast) alles allein entscheiden. Wie ein Unternehmer halt. Doch wenn dir nur noch die Hälfte der Anteile gehören, wird es schon kritisch. Dann kann es sein, dass du nicht mehr wie ein Unternehmer agieren kannst. Und als Minderheitsgesellschafter mit weniger als 50 % der Anteile bist du grundsätzlich nicht mehr in der Lage, allein unternehmerische Entscheidungen zu treffen …
Doch woran macht das Bundessozialgericht die Unternehmereigenschaft überhaupt fest?
Die Antwort lautet: An der sogenannten Rechtsmacht. Ein unternehmerischer Geschäftsführer hat die Rechtsmacht, unerwünschte Weisungen und Entscheidungen zu verhindern. Als unternehmerischer Geschäftsführer kann niemand ohne dich Personalentscheidungen treffen. Es kann auch niemand ohne dich Investitionsentscheidungen treffen. Und die Unternehmenspolitik kann auch nicht ohne dich definiert werden. Ohne dich geht nichts. Genau das ist Rechtsmacht!
Damit merkst du nun auch, warum es kritisch wird, wenn du nicht mehr Mehrheitsgesellschafter bist. Denn plötzlich entscheiden andere mit und du bist nicht mehr vollkommen unternehmerisch frei. Wenn du als Minderheitsgesellschafter weniger als die Hälfte der Anteile hältst, können andere dich sogar überstimmen.
Heißt das also, dass du zwingend sozialversicherungspflichtig bist, wenn du nicht Mehrheitsgesellschafter bist?
Nein, zum Glück nicht. Eine 50 %-Beteiligung reicht grundsätzlich aus, um sozialversicherungsfrei zu bleiben. Darum soll es hier aber gar nicht gehen.
Wir möchten dir nämlich jetzt zwei Wege zeigen, wie du sogar als Minderheitsgesellschafter mit weniger als 50 %-Beteiligung sozialversicherungsfrei ein monatliches Gehalt beziehen kannst.
Erste Möglichkeit: Nutze den Gesellschaftsvertrag als Schlüssel. Es gibt Möglichkeiten, den Gesellschaftsvertrag so auszugestalten, dass du wieder die erforderliche Rechtsmacht hast und als Unternehmer anzusehen bist. Dafür musst du dir zunächst die Stimmrechtsregelung im GmbH-Gesellschaftsvertrag anschauen. Du weißt ja, dass die wesentlichen Entscheidungen bei einer GmbH durch die sogenannte Gesellschafterversammlung geschlossen werden. In der Gesellschafterversammlung kommen alle Gesellschafter zusammen und stimmen über die anstehenden unternehmerischen Entscheidungen ab. Die Stimmrechte entsprechen im Regelfall dem Anteil an der Gesellschaft.
Beispiel:
Ein Gesellschafter ist mit 5.000 € am Stammkapital beteiligt und hat damit 5.000 Stimmrechte.
Typischerweise wird es in den Gesellschaftsverträgen so geregelt, dass bei Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung die einfache Mehrheit genügt. Einfache Mehrheit bedeutet im Prinzip die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
Wenn diese Regelung im Gesellschaftsvertrag deiner GmbH steht, dann muss sie unbedingt angepasst werden, wenn du dein Gehalt weiterhin sozialversicherungsfrei erhalten möchtest. Es darf nicht mehr auf die einfache Mehrheit ankommen. Denn wenn es auf die einfache Mehrheit ankommt, kannst du überstimmt werden, wenn du nur noch zu weniger als 50 % an deiner GmbH beteiligt bist. Da wir weiter oben bereits gesehen haben, dass das Bundessozialgericht Rechtsmacht verlangt, um unerwünschte Weisungen und Entscheidungen zu verhindern, musst du eine sogenannte Sperrminorität bekommen. Du musst also in der Lage sein, jede Entscheidung der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Wichtig: Wirklich jede Entscheidung. Keine Ausnahmen! Das erreicht man, wenn man statt einer einfachen Mehrheit konsequent eine qualifizierte Mehrheit im Gesellschaftsvertrag vorsieht.
Fallbeispiel:
Nehmen wir zur Veranschaulichung eine 2/3-Mehrheitsregelung.
Stell dir vor, du bist mit 40 % und deine beiden Mitgesellschafter sind mit jeweils 30 % beteiligt. Zusammen haben deine beiden Mitgesellschafter also 60 % der Stimmrechte.
Wäre im Gesellschaftsvertrag eine einfache Mehrheit geregelt, so könnten die beiden dich ständig überstimmen. Du könntest keine Entscheidungen verhindern.
st demgegenüber nun aber eine 2/3-Mehrheit für alle Entscheidungen der Gesellschafterversammlung geregelt, so können die beiden anderen Gesellschafter ohne dich keine Entscheidung treffen. Sie haben immer nur maximal 60 % der Stimmrechte, würden aber 63,34 % der Stimmen benötigen. Somit ist jede Entscheidung von deinen Stimmrechten abhängig.
Merkst du, dass du wieder in der Lage bist, alles zu verhindern? Du hast die Rechtsmacht, die das Bundessozialgericht verlangt!
Im Einzelfall kann es auch andere Möglichkeiten geben, die Stimmrechtsregelung so auszugestalten, dass du alle Entscheidungen verhindern kannst. Eine Möglichkeit ist ein Beirat, in dem du die Mehrheit der Stimmrechte erhältst. Oder aber die Stimmrechte werden anders geregelt als die Beteiligungsquote. Das sind Spezialmöglichkeiten, die man sich immer im Einzelfall anschauen muss.
Kommen wir nun zu der angekündigten zweiten Möglichkeit: Diese Möglichkeit ist noch wenig erprobt, wird aber immer mehr an Bedeutung gewinnen. Zum Einstieg ein
Beispiel:
Stell dir vor, du bist mit 40 % an einer GmbH beteiligt. Du bist allerdings nichts unmittelbar, sondern mittelbar über eine sogenannten Holding-GmbH beteiligt. Sprich, die Holding-GmbH hält 40 % der Anteile an der operativen GmbH. Und an der Holding-GmbH bist du allein beteiligt.
Jetzt könntest du normal als Geschäftsführer der operativen GmbH tätig werden und ein Gehalt beziehen. Du könntest aber stattdessen auch auf ein Gehalt bei der operativen GmbH verzichten und dir stattdessen ein Gehalt von deiner Holding zahlen. Die Holding wiederum schließt mit der operativen GmbH einen Dienstleitungsvertrag und stellt der operativen GmbH deine Arbeitsleistung in Rechnung.
Du merkst an dem Beispiel: Es geht darum, dass du dein Gehalt nicht mehr von deiner operativ tätigen GmbH beziehst, sondern von einer anderen Gesellschaft, zum Beispiel deiner Holding. Diese andere Gesellschaft stellt dann deine Leistungen der operativen GmbH in Rechnung. Im Gegenzug bekommst du ein Gehalt von dieser Gesellschaft, in unserem Fall der Holding. Auf den ersten Blick klingt das charmant, oder?
Bei einem zweiten genaueren Blick erkennt man aber ein neues Problem: Scheinselbstständigkeit. Wenn du so vorgehst, wie in dem Beispiel gerade beschrieben, dann werden die Sozialversicherungsträger mit großer Wahrscheinlichkeit eine Scheinselbstständigkeit annehmen. Eine Scheinselbstständigkeit zwischen dir und der operativen GmbH. Denn die Holding ist letztlich nur zwischengeschaltet, um die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Die Sozialversicherungspflicht kann durch zwischengeschaltete Gesellschaften aber nicht vermieden werden. Solche Umgehungen werden nicht anerkannt. Es wird dann so behandelt, als ob du direkt bei der operativen GmbH beschäftigt wärst. Mit der Folge, dass dein Gehalt, welches du eigentlich von der Holding beziehst, sozialversicherungspflichtig bei der operativen GmbH wird.
Aber: Es gibt einen Ausweg aus der Sozialversicherungspflicht. Dazu ergänzen wir das
Beispiel:
Wie oben erhältst du dein Gehalt von der Holding und die Holding stellt der operativen GmbH deine Arbeitsleistung in Rechnung. Zusätzlich dazu erbringst du mit deiner Holding nun noch Leistungen gegenüber anderen Gesellschaften. Idealerweise gegenüber fremden Gesellschaften; also gegenüber Gesellschaften, an denen du nicht beteiligt bist. So entsteht bei der Holding eine eigene unternehmerische Tätigkeit.
Der Schlüssel ist also, dass die Holding eine eigene unternehmerische Tätigkeit aufbaut. Oft lässt sich das sogar rechte einfach umsetzen. Stell dir vor, du erbringst für deine operativen GmbH Marketingleistungen und Prozessoptimierung. Diese Dinge lassen sich oft auf andere Unternehmen übertragen und die Nachfrage ist so groß. Indem du mit deiner Holding diese Leistungen auch für anderen Unternehmen erbringst, reduzierst du das Risiko der Scheinselbstständigkeit massiv. Und zugleich baust du dir ein zweites wirtschaftliches Standbein auf. Eine klassische Win-win-Situation!
Einen wichtigen Punkt musst du dann bitte noch beachten. Die Vergütung, die die Holding von der operativen GmbH bekommt, muss mit wirtschaftlichem Risiko ausgestaltet sein. Also keine starre Pauschalvergütung, sondern z. B. eine umsatzabhängige Vergütung, die vom wirtschaftlichen Erfolg der operativen GmbH abhängt. Der Punkt ist tricky. Merke dir in jedem Fall: Die Vergütung muss mit einem typischen unternehmerischen Risiko behaftet sein.
So weit, so gut. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten kennengelernt, wie dein Gehalt sozialversicherungsfrei bleiben kann, auch wenn du nur noch weniger als 50 % der Anteile an deiner GmbH hältst. Welche der beiden Möglichkeiten für dich die passende ist, solltest du bestenfalls in einem Beratungsgespräch klären. Vieles hängt vom Einzelfall ab. Lass uns gerne gemeinsam prüfen, welche Lösung für dich passt! Vereinbare noch heute einen ersten Beratungstermin und bleibe rechtlich auf der sicheren Seite.
Zu guter Letzt noch ein wichtiger Hinweis: Egal welche der beiden Möglichkeiten du wählst, du musst dir die Sozialversicherungsfreiheit zwingend von den Sozialversicherungsträgern verbindlich bestätigen lassen! So vermeidest du böse Überraschungen in der Betriebsprüfung.
Also unsere dringende Empfehlung: Solche Gestaltungen nie ohne einen Statusfeststellungsverfahren umsetzen. Denn ohne verbindliche Statusfeststellung musst du im Zweifel Sozialversicherungsbeiträge für mehrere Jahre nachzahlen. Das können schnell mal sechsstellige Beträge sein.
Für die Statusfeststellung ist die Clearingstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zuständig. Dort kannst du einen sogenannten Statusfeststellungsantrag stellen. Der Antrag wird dann sorgfältig geprüft und meistens ergeht dann innerhalb von 2-3 Monaten eine Entscheidung. Gut zu wissen: Die Deutschen Rentenversicherung erhebt für den Antrag keine Gebühr!
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Die Erfahrung zeigt: Mit einem gut vorbereiteten Antrag hat man erheblich größere Erfolgsaussichten!
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© 2025 Rechtsanwalt Paul Konertz
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